Maria Stepanova: „Der Absprung“
Lesung und Gespräch mit Maria Stepanova, ihrer Lektorin Katharina Raabe und ihrer Übersetzerin Olga Radetzkaja
Die Schriftstellerin M., seit einigen Monaten im europäischen Exil, bricht ins Nachbarland auf – ein Festival hat sie zu Lesungen eingeladen. Die Reise ist voller Pannen: der vorgesehene Anschlusszug existiert nicht, das Ladekabel des Telefons geht verloren. Auf dem Grenzbahnhof in F. wartet niemand, der Kontakt zu den Veranstaltern ist abgebrochen. M. durchstreift die Stadt, und ihr begegnet die langersehnte Chance, ihre Identität loszuwerden und zu verschwinden. Aber kann das gelingen?
Die Geschichte spielt im Sommer 2023: Russlands Krieg gegen die Ukraine endet nicht. Metaphern und Anspielungen, von Thomas Hobbes bis Paul Bowles, durchziehen Stepanovas fesselnde, an Wahrnehmungen und Gedanken reiche Prosa. Hat sie, die Nabokov-Leserin, eine Einladung zur Selbst-Enthauptung geschrieben? Es bleibt an uns, den Leser:innen, ob wir ihren „Absprung“ als Akt der Befreiung oder der Verneinung verstehen wollen.
Maria Stepanova verwandelt Mythen wieder in Erinnerung, Helden in Menschen und den Drang ihres Landes von einer Katastrophe in die nächste in Sprache.
–Valzhyna Mort